Ungerechtigkeit als System
Die Reichen sind reicher geworden, weil die Armen ärmer geworden sind.
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Der Reichtum der Wohlhabenden auf der Welt hat die Grenzen zum Obszönen längst überschritten. Allein 2010 verfügten in Deutschland 839 Privathaushalte über mehr als 69 Millionen Euro. Insgesamt also über ein Vermögen von 57,9 Milliarden Euro. Rund um den Erdball sind solche Vermögenswerte in Bargeld, Aktien, anderen Wertpapieren und Fondsanteilen in Höhe von 122 Billionen Dollar aufgehäuft, ein Plus von acht Prozent gegenüber 2009 und 20 Billionen Dollar mehr als auf der Höhe der Wirtschafts- und Finanzkrise Ende 2008. Nachzulesen sind die Zahlen im aktuellen Weltreichtumsreport (Global Wealth Report), den die US-amerikanische Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) alljährlich herausgibt.
Nicht erfasst werden dabei allerdings Firmenvermögen, Immobilien, Schmuck und Kunstgegenstände. Die tatsächlich von privater Hand gehorteten Kapitalwerte dürften demnach, deutlich über den im BCG-Bericht liegen. Dabei sind nach der Untersuchung 0,9 Prozent aller Haushalte im Besitz von 39 Prozent des weltweiten privaten Finanzvermögens.
Deutschland immer ungerechter
Bei den Superreichen (Ultra-high-net-worth individuals) in Deutschland, also jenen, die mehr als 100 Millionen Dollar ihr eigen nennen, hat es Deutschland bis auf Rang zwei geschafft und damit sogar Saudi-Arabien (826 UHNWs) hinter sich gelassen. Aber auch bei den »einfachen« Dollarmillionären hat die Bundesrepublik zugelegt: Über 400 000 davon gab es im Vor jahr. Auf 200 Einwohner kam damit ein Millionär. Bis 2015 sollen die privaten Finanzvermögen hierzulande um jährlich 3,8 Prozent steigen. Im Vorjahr beliefen sich diese auf umgerechnet insgesamt 7,4 Billionen US-Dollar (5,1 Billionen Euro), während der Staat (Bund, Länderund Kommunen) mit zwei Billionen Euro in der Kreide steht.
Beachtlich ist auch die Entwicklung in Nordamerika, von wo aus die globale Rezession mit dem Platzen der Immobilienblase und der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 ihren Ausgang nahm. Während seither gerade in den USA die einfache Bevölkerung deutlich verarmte und zum Teil verelendete, geht es den Reichen so gut wie nie. Die USA allein beherbergen 5,2 Millionen Dollarmillionäre und 2 692 Superreiche.
Die Zahlen geben auch Aufschluss darüber, wie die Finanzspekulation wieder zur wichtigsten Geldvermehrungsmaschine geworden ist. In Europa lag das Plus aus derlei Geschäften gegenüber 2009 bei unter fünf Prozent. Die nordamerikanischen Privatanleger verzeichneten einen Zuwachs von zehn Prozent und ließen mit einem Gesamtvermögen von 38,2 Billionen Dollar die Europäer (37,1) erstmals nach der Krise knapp hinter sich. In Europa haben die Briten die Nase vorn, hier belief sich das entsprechende Finanzvermögen im Vorjahr auf 7,9 Billionen Dollar – während zur selben Zeit der Staat mit einer Neuverschuldung von fast 13 Prozent des BIP die Krisenkosten eifrig sozialisierte.
So sehen dann auch die BCG-Forscher in den Kapitalmärkten die treibende Kraft für einen weiter anhaltenden Boom. Im globalen Maßstab gehen sie bis 2015 von einem Vermögenszuwachs von jährlich 5,9 Prozent aus. Die größten Sprünge prognostizieren sie für die sogenannten Schwellenländer, allen voran Indien mit 18 Prozent und China mit 14 Prozent. Allein im Reich der Mitte leben demnach heute bereits 1,1 Millionen Dollarmillionäre und 393 Superreiche. Mit 17,1 Prozent Vermögenszuwachs im Zeitraum war der Asien-Pazifik-Raum (ohne Japan) bereits 2010 Spitzenreiter. Seit 2008 legten der private Reichtum gar um 50 Prozent zu. Die größte Millionärsdichte besteht im Stadtstaat Singapur, fast jeder siebte Haushalt schwimmt dort im Geld.